WLAN von der Stadt?
Ein Gedankenspiel.
Strom kommt auch aus der Steckdose und Wasser aus der Leitung. Warum sollte man nicht einmal über so ein Projekt nachdenken?
Bringen wir doch einmal ein wenig Licht ins Dunkel.
Geht das eigentlich prinzipiell? Was für Probleme tauchen auf? Ist das bezahl- und verwaltbar?
Das sind so ersten Fragen, die mir durch den Kopf schießen. Sie werden schnell konkreter. Welche Reichweite hat ein aktuelles WLAN mit 2.4 oder 5 GHz? Welche Abstrahlleistung muss an der Antenne vorhanden sein, wie leuchtet man eine ganze Stadt mit all ihren Häuserschluchten flächendeckend aus? Schon hier wird es wirklich kompliziert. Man muss nur einmal in den Bereich der Handynetze blicken, um zu merken, dass es gar nicht so einfach ist, das in den Griff zu bekommen.
Und wir sind dann auch schnell auf einer anderen Ebene der IT-Technik. Nämlich bei der eigentlichen Paketvermittlung und der IT-Sicherheit.
WLAN ist vom Prinzip her eigentlich ein sogenanntes „Shared Media“-Netzwerk. Also alle Teilnehmer an einem Zugangspunkt teilen sich die Funkbandbreite. Es ist darüber hinaus sogar so, dass der langsamste Teilnehmer im Netz die Gesamtgeschwindigkeit der Funkzelle bestimmt. Einzige Lösung: Mehr Funkzellen ins Netz nehmen, damit jeder Teilnehmer eine ausreichende Feldstärke bekommt. Damit steigt aber wieder das Problem, dass sich die verschiedenen Funkkanäle gegenseitig beeinflussen.
Es muss also möglichst automatisch dafür gesorgt werden, dass die Kanäle sich automatisch neu ausrichten und es immer einen optimalen Frequenzabstand benachbarter WLAN-Zugangspunkte gibt.
Der nächste Aspekt ist der Übergang zum Internet-Backbone.
Legt man diesen redundant aus, müssen im gesamten WLAN-Verbund Entscheidungen getroffen werden, in welche Richtung ein Datenpaket vermittelt werden kann. Das löst dann wieder Aufgaben im Bereich der dynamischen IP-Adressierung aus.
Und was passiert bei einem Ausfall eines Übergangspunktes? Der Ausfall muss anderen Zugangspunkten mitgeteilt werden, damit diese einen alternativen Weg suchen können.
Dann wieder einmal das leidige Thema IT-Sicherheit.
In einem kabelgebundenen Netzwerk ist relativ klar, wer als Teilnehmer im Netz mitspielt. Und damit ist auch klar, wer möglicherweise Daten mitlesen kann. In einem freien WLAN wird das schon schwieriger. Die Realität wird so sein, dass sich jederzeit Unbekannte ins Netzwerk einbuchen können. Und da wir im WLAN eben über ein geteiltes Medium kommunizieren, hat diese Unbekannte also die Möglichkeit mitzulesen.
Und nein, da hilft auch keine zeitgemäße Verschlüsselung mit WPA2. Denn die Teilnehmer sind ja alle berechtigte Teilnehmer des Netzes. WPA2 hilft nur gegen fremde Augen, die den Zugang nicht kennen. Einmal angemeldet ist das Netz quasi transparent.
Im Grunde entstehen in so einem Projekt unendlich viele Probleme, die aber eigentlich jedes für sich gelöst werden können. Intelligente WLAN-Controller, neue Routing-Protokolle wie OLSR (im Freifunk-Projekt schon aktiv) oder auch VPN-Lösungen um sich in diesem Netz sicher bis zu einem vertrauten Gateway zu verbinden. Aber das alles bringt das letzte große Problem auf.
Die Finanzierung.
Denn alle diese kleinen Details kosten Geld. Sei es dadurch, das bestimmte Geräte beschafft werden müssen, die einige der Funktionen besitzen. Dann die Entwicklung nicht vorhandener Funktionalitäten. Das alles macht es relativ teuer. Und damit für Kommunen heutzutage wieder unrealisierbar. Also doch Werbung ins Boot nehmen? Ist das Netz dann aber noch neutral? Oder wird es im stillen Käbelchen nicht doch ein wenig nach den Interessen der Finanzierer ausgerichtet?
Eigentlich ist die Idee wirklich verlockend und die Freifunker in Berlin und anderswo zeigen eigentlich, dass so etwas in kleinem Rahmen auch funktioniert. Aber das tut es vermutlich nur, weil ganz viele Menschen mit Eigeninteresse und Enthusiasmus die Entwicklung antreiben.